
Wenn man einen gewissen Grad der Tango-Sucht erreicht hat, fragt man sich, ob nicht irgendwann eine Reise nach Buenos Aires fällig wäre.
Die Stadt ist das indiskutable Zentrum des Tango-Universums. Es ist die Stadt, in der alles begann, die Stadt, in der man Tango mit jedem Atemzug einatmet.
Christine Garbe fliegt jedes Jahr nach Buenos Aires und schreibt in einem leidenschaftlichen Beitrag über ihre persönliche Erfahrungen. Sie hat eine Facebook-Gruppe eingerichtet, in der praktische Tipps für einen Aufenthalt verständlich erklärt und regelmäßig aktualisiert werden. Details und Links findest du am Ende des Beitrags.
Eine Liebeserklärung an Buenos Aires
Ein Freund fragte mich kürzlich, warum ich immer wieder nach Buenos Aires komme um hier Tango zu tanzen und zu leben. Gute Frage! Dafür gibt es gefühlt tausend Gründe, womit also anfangen?
Ich beginne mit der Stadt: Buenos Aires ist die Stadt meines Herzens, ich habe mich schon bei meinem ersten Kurzaufenthalt hier vor 20 Jahren in die Stadt verliebt, als ich mit dem Goethe-Institut auf einer Vortragsreise in Argentinien und Chile unterwegs war.
Es war eine Liebe auf den ersten Blick: Ich fuhr mit dem Taxi vom Stadtflughafen Aeroparque in die Stadt und dachte nur: WOW, was für eine Stadt! Ich habe die magische Energie dieser Stadt vom ersten Moment an gespürt, habe ein verrücktes Wochenende hier verlebt mit meiner ersten Milonga im El Beso, mit einem Argentinier, der mich anschließend die ganze Nacht in andere Milongas geführt und morgens um 7 Uhr den letzten Absacker mit mir in einem Café getrunken hat. Und da wusste ich schon: ich muss in diese verrückte Stadt am Ende der Welt wiederkommen!
Aber dann hat es noch 6 Jahre gedauert bis zu meinem zweiten Besuch; berufliche und familiäre Gründe erlaubten es nicht eher. Seit 2010 bin ich nun jedes Jahr in Buenos Aires, jahrelang nur 3 bis 4 Wochen während meines Urlaubs, aber da reifte schon der Entschluss in mir, dass ich in meinem Ruhestand jeweils mehrere Monate hier verbringen möchte, und seit 2018 habe ich das in die Tat umgesetzt und lebe mittlerweile jeweils ein halbes Jahr hier (und das andere halbe Jahr in Berlin – vom argentinischen in den deutschen Sommer und zurück – ein fantastischer Plan, der mich glücklich macht!).

Weltweit bekannt: Bar Sur in San Telmo
Ich tanze seit 40 Jahren Tango (habe 1984 in Berlin angefangen) und habe schon in vielen Städten auf diesem Globus Tango getanzt, in vielen Metropolen Europas und der Vereinigten Staaten, in Russland und Asien … aber nichts ist mit dem Tanzen in Buenos Aires zu vergleichen, das ist eine einzigartige Erfahrung. Denn hier gibt es eine Kontinuität zwischen dem Alltagsleben und dem Tango: Hier kann man erleben, dass der Tango im Kern die (enge) Umarmung ist, die Liebe zur Musik und das Tanzen mit der Musik – und nicht die Technik, die in Europa meist im Vordergrund steht. Die Umarmung des Tango ist auch im Alltag omnipräsent: Die Menschen hier sind von einer umwerfenden Liebenswürdigkeit, egal ob es der Kellner in deinem Lieblingscafé ist, der Gemüsehändler zu dem du einkaufen gehst oder deine Manikürefrau, die dich sofort als „mi amor“ adressiert – diese Art der verbalen und körperlichen Zugewandtheit kennen wir einfach nicht in Europa!
Das Grundgefühl der Menschen hier ist die Lebensfreude – jede Gelegenheit zum Feiern wird ausgekostet! – Entspanntheit („Tranquila“) und Dankbarkeit, niemand meckert und klagt, man ist freundlich, respektvoll und sehr höflich im Umgang miteinander. Das kostet nichts und ist unsagbar angenehm im alltäglichen Leben!

Der Markt in San Telmo
Und dieser Umgang miteinander hat auch eine erotische Komponente: Was wir in Europa und den Vereinigten Staaten mit unserem Radikalfeminismus den Männern (leider) ausgetrieben haben, nämlich im guten Sinne „männlich“ zu sein, Kavalier und Charmeur, das gibt es hier zum Glück noch: Wir Frauen können uns hier baden in den Komplimenten, die die argentinischen Männer uns machen, manchmal auch einfach auf der Straße, aber sicher in den Milongas: Es wird wahrgenommen, wie du aussiehst, wie du tanzt … die Männer machen dir ein herzerwärmendes Kompliment, wenn sie eine Tanda mit dir getanzt haben und begleiten dich höflich an deinen Tisch zurück. Ich liebe es einfach hier zu tanzen und als Frau wahrgenommen zu werden, was in Europa leider durch die (durch den Feminismus verunsicherten) Männer kaum noch passiert!
Aber dann kommt noch etwas anderes hinzu, was wir in anderen Teilen der Welt nicht erleben: Ich habe hier mit alten Milongueros getanzt, die seit 60 oder mehr Jahren Tango tanzen und mit dieser Musik aufgewachsen sind: sie haben den Tango mit ihrer Muttermilch eingesogen, sie kennen alle Orchester, alle Texte, alle Songs … und lieben sie! Das heißt, sie haben eine tiefe emotionale Verbindung zu dieser Musik, die wir nirgends sonst finden können, und diese Verbindung teilen sie mit dir.
Das ist einer von vielen Gründen, warum ich immer wieder hierherkomme und nicht auf Festivals und Encuentros in Europa fahre, wo es zwar technisch tolle Tangotänzer gibt, aber da fehlt mir das Herz und diese innige Verbindung zur Musik – das ist nun einmal einmalig in Buenos Aires!
Last but not least: Ich liebe die wunderbar milden Nächte des Sommers in Buenos Aires! Auch die kennen wir so in Europa nicht! Während ich dies schreibe, sitze ich um 5 Uhr morgens auf meinem Balkon in meinem geliebten Viertel Palermo Soho, und es sind immer noch 24 Grad, einfach fantastisch!

Christine genießt die lauwarme Abende und Nächte in der Hauptstadt des Tango
Christine ist pensionierte Professorin für Deutsche Literatur (Universität zu Köln) und leidenschaftliche Tangotänzerin.
Sie kennt die Fragen, die sich alle Tango-Touristen stellen, vor allem die der Frauen: In welchen Milongas sind wir willkommen? Wie gelingt es mir, aufgefordert zu werden? Wo wird man als Tourist abgezockt? Wie handhabe ich das Thema Geld? Welche Milongas sollte man eher meiden?
Sie möchte den Tangoreisenden helfen, sich in Buenos Aires zurechtzufinden und das Beste aus ihrem Aufenthalt zu machen. Dafür hat sie eine öffentliche Facebookgruppe gegründet, die wir empfehlen.
Mit einem Klick hier, kommst du zu der Gruppe „Tango and Life in Buenos Aires – Christine’s Tango Guide 2025″